Süderländer Tageblatt, Stand:13.03.2024, 09:30 Uhr, Autor: Dirk Grein
Plettenberg. „Wer hat da Knoblauch in den Teig geknetet?“, fragt Joachim Kampschulte und verzieht mit gespielter Empörung das Gesicht. Die Kinder schütteln kichernd ihre Köpfe. „Wir nicht“, antwortet eine Seniorin. Sie nimmt ihre wesentlich jüngere Freundin, mit der sie soeben eine Luft-Brezel für den Musikpädagogen geformt hat, in den Arm – beide lachen herzhaft. Die beschriebene Szene spielt sich im Gemeinschaftsraum des Eiringhauser Altenzentrums St. Josef ab. Hier treffen sich zweimal in der Woche Bewohner und die größeren Kinder des DRK-Familienzentrums „Am Saley“, um mit Joachim Kampschulte von der Musikschule Lennetal zu singen, zu tanzen, zu genießen. Ganz gleich, wie alt die Teilnehmer sind – bei allen werden gleichermaßen positive Emotionen geweckt, entstehen mit wenigen Klängen spürbar Beziehungen.
„Das gibt es nicht oft und zeigt, welche Kraft die Musik hat“, sagt Kampschulte. Der erfahrene Musikpädagoge hat bereits unzählige Kurse und Lehrgänge für ganz unterschiedliche Zielgruppen geleitet. Doch das Projekt „Musik und Generationen“ sei auch für ihn außergewöhnlich, beschreibt er die Begegnungen, bei denen er stets in leuchtende Augen blicken kann und darf.
Kampschulte selbst nimmt dabei eine aktive Rolle ein, gestaltet jede Zusammenkunft mit unterschiedlichen Elementen. Eines bleibt jedoch unverändert: das Begrüßungslied mit dem gesungenen „Hallo ist das schön“, das die Kinder laut mitsingen – allein das sorgt für Freude bei den Bewohnern. Die werden umgehend mit einbezogen, klatschen und sagen die Worte „Ich fühle mich gut“. Und während die Kinder im Kreis um ihren „Achim“ herumgehen, stampfen die Senioren mit den Füßen.
Geschehen diese Rhythmusspiele noch auf einige Meter Abstand, verringert sich dieser bei der Freundesuche auf wenige Zentimeter. Klein und Groß nehmen sich an die Hand, schunkeln und schaukeln zusammen. Bei den ersten Treffen vor über vier Jahren seien auf Seiten der Kinder noch Berührungsängste spürbar gewesen. Die seien jedoch längst verflogen, berichtet Claudia Stahlhacke, Leiterin des DRK-Familienzentrums, dass sich die Kinder auf die regelmäßigen Treffen freuen und bei diesen direkt auf die Bewohner zugehen. Auch Rollatoren und Rollstühle wirken auf sie nicht abschreckend, sondern mittlerweile vertraut.
Erinnerungen werden geweckt Eine weitere Besonderheit bei „Musik und Generationen“: Durch die gemeinsame Zeit werden bei den Bewohnern Erinnerungen geweckt. Bestes Beispiel: Nach einem kurzen Ausflug an sein Keyboard schlüpft Joachim Kampschulte kurzerhand in die Rolle eines Zauberers. Aus seinen Händen pustet er ein buntes Tuch und macht mit diesem schwenkende Bewegungen vor. Die Kinder suchen sich erneut neue „Freunde“ aus Reihen der Senioren und nehmen Aufstellung zum Tüchertanz. Dazu passend erklingen die ersten Takte des Schneewalzers. Auch bei Senioren, die bislang eher verträumt an dem Geschehen teilgenommen haben, ist eine Veränderung zu erkennen: Sie schwingen zusammen mit den Kinderndie Tücher und singen mit. „Das sind ganz besondere Momente“, schwärmt der Musikpädagoge. Da Kinder und Senioren gar nicht genug bekommen von diesen musikalischen Begegnungen, wurde die Anzahl der Treffen erhöht. „Einmal in der Woche war uns irgendwann zu wenig“, erzählt Claudia Stahlhacke. Sie kommt inzwischen zweimal pro Woche mit den Gruppen zu Fuß vom Eschen in das Altenzentrum, sodass mehr Kinder in den Genuss des Projektes kommen.
Dies hat allerdings seinen Preis: 3200 Euro werden pro Kindergartenjahr fällig. Die Plettenberger Einrichtungsleiterin hofft, dass erneut Sponsoren aus der heimischen Industrie zur Finanzierung gefunden werden können – damit „Musik und Generationen“ noch lange für leuchtende Augen bei Jung und Alten sorgen kann. Claudia Stahlhacke gibt gerne weitere Informationen über das Projekt unter Tel. 0 23 91 / 5 12 20. Außerdem hat das WDR-Fernsehen kürzlich einen Beitrag in Eiringhausen gedreht, der demnächst in der Mediathek der Sendung „Lokalzeit Südwestfalen“ abrufbar sein soll.
Text - und Bildquelle:Süderländer Tageblatt vom 13.03.2024 Autor:Dirk Grein